5. September 2006
von Micha
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Irgendwann im Jahre 1994 habe ich erstmals von „diesem neuen, freien Betriebssystem“ gehört, bei dem schon jede Menge Software dabei ist. In einem großen Unternehmen habe ich außerdem schonmal von dem Begriff „Unix“ gehört, und das es ein System für Großrechner sei – und dass soll jetzt auch auf dem normalen PC laufen? Und zu alledem muss man dafür nicht mal etwas bezahlen, außer das Buch und den Datenträger, um es schnell installieren zu können. 1994 war das Internet noch kein „Alltag“ – neue Sachen musste man sich schon als CD-ROM besorgen oder aus einer Mailbox (BBS) ziehen. Das war mit einem 14,4’er Modem sehr aufwendig und ein ziemliches Geduldsspiel. Also bestellte ich mir eine sogenannte Distribution dieses neuen Systems bei einer kleinen Firma namens S.u.S.E, die sich offenbar auf dieses neue System spezialisiert hatte. Ich fand sie in einer Werbung, die regelmäßig in der c’t stand. Nach einigen Tagen bekam ich für damals 79 DM eine schwarze Packung mit der Aufschrift „S.u.S.E. Linux – November 94“. Diese bestehend aus einem ausführlichen Handbuch und den System-CD-ROM’s (ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich glaube, damals passte noch alles auf 2 CD-ROMs und für die Installation eines Grundsystems waren nur wenige 100 MB notwendig)… Damals verstand ich nur einen Bruchteil dessen, was ich tat (gut, da hat sich bis heute nicht allzuviel geändert). Aber es hat mir von Anfang an Spaß gemacht, und ganz ehrlich: Nach 4 Wochen Forschung war ich schon irgendwie stolz, als ich es geschafft habe, ein X11-System mit meiner damaligen Grafikkarte zum laufen zu bekommen…
…ja, und heute, fast 12 Jahre später, habe ich jede Menge Distributionen ausprobiert, habe beruflich sehr viel mit Linux und Unix zu tun. Und es fasziniert noch immer, es gibt immer wieder neue Dinge zu entdecken. Meine Lieblingsdistribution ist derzeit Gentoo, man kompiliert sich sein System aus den Quelltexten der einzelnen Programme, aber sogenannte „Ebuild-Scripte“ helfen einem dabei und nehmen ein viel Konfigurationsarbeit ab. Darüber hinaus gibt es ein exzellentes Support-Forum, in dem man von den Cracks sehr schnell Hilfe bekommt, und ein wirklich gut geschriebenes Handbuch. Dafür muss man auch noch Config-Dateien bearbeiten und bekommt kein Windows-Like-Installationsprogramm, wie man es von den „großen“ Distributionen heutzutage als Standard bekommt.
Wer aber mal richtig in die Tiefen des Systems einsteigen möchte, wer gern wissen möchte, warum Binär-Dateien überhaupt ausgeführt werden und was notwendig ist, um eine Binär-Datei zu erzeugen, der kann sich (mit Hilfe eines schon bestehenden Host-Systems, ggf. eine Live-CD) ein eigenes Linux from Scratch „hochziehen“. Zunächst erstellt man sich eine tollchain mit allen notwendigen Hifsmitteln (binutils, compiler usw.) um sich vom Hostsystem zu entkoppeln und einen „gemeinsamen Stand“ zu bekommen. Dann geht es an’s Aufsetzen des eigentlichen Systems. Es dauert schon eine ganze Weile, eh man den Rechner mit dem System booten kann und dann eine Bash-Shell angeboten bekommt. Es gibt Leute, die das System auch wirklich dann benutzen, aber das halte ich für sehr mühselig ohne Paketverwaltung – aber auch dies könnte man natürlich nachrüsten. Es gibt ja keine Grenzen… Dennoch, der Lerneffekt ist um so größer, daher mein Empfehlung: Einfach mal machen! 🙂